»Zwischen Prekarisierung, Dequalifizierung und Stellenabbau«
Beitrag der BTQ Kassel im Tagungsband der Gesellschaft für Arbeitswissenschaft zur Herbstkonferenz 2023
Beitrag der BTQ Kassel im Tagungsband der Gesellschaft für Arbeitswissenschaft zur Herbstkonferenz 2023
Digitale Technologien lassen Tätigkeiten verschwinden, kreieren aber auch neue. Etwa die der sogenannten Content Moderation. Dabei müssen Menschen in Sekundenschnelle auf sozialen Plattformen geteilte Beiträge und Chats daraufhin beurteilen, ob sie mit den Richtlinien der Plattform vereinbar sind, und gegebenenfalls löschen.
Im Klartext: Content Moderator*innen sind permanent Gewaltdarstellungen ausgesetzt. Ihre Arbeitsbedingungen und die Bezahlung sind schlecht. Die Gründung von Betriebsräten kann den Job kosten. So entsteht vor allem im globalen Süden ein neues ‚Klick-Proletariat‘, das die digitale Drecksarbeit erledigt. Ein Beispiel für prekäre Arbeitsbedingungen in der digitalen Arbeitswelt aus dem Beitrag »Zwischen Prekarisierung, Dequalifizierung und Stellenabbau«.
Allerdings bedrohen neue Technologien und Automatisierung nicht nur die Arbeit von An- und Ungelernten, sondern auch von gut qualifizierten und spezialisierten Beschäftigten. Je nach Beschäftigung könnten Teile ihrer Tätigkeiten durch Algorithmen ersetzt werden. Sie sind dem Risiko von prekärer Beschäftigung und Dequalifizierung ausgesetzt.
Das ist von Guter Arbeit weit entfernt – und zu dieser gehört auch betriebliche Mitbestimmung. Doch besonders in der Plattformökonomie und in kleinen und mittleren Betrieben gibt es häufig keine Betriebsräte. Wie sich Beschäftigte in Betrieben ohne Betriebsrat Informationen beschaffen und an wen sie sich bei Problemen wenden, war Thema einer Online-Befragung im Projekt »KomKI – Kompetenzen über KI aufbauen«, gefördert vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales. Ein Ergebnis: Fast alle der Befragten hielten eine Interessenvertretung für sinnvoll und hilfreich. In Interviews mit Beschäftigten und Wissenschaftler*innen wurde deutlich, welche Hindernisse es bei der Gründung von Betriebsräten gibt.
Die BTQ-Autor*innen beschreiben anhand verschiedener Beispiele, wie digitale Technologien so eingesetzt werden können, dass sich Arbeitsbedingungen verbessern und Unterstützung für Beschäftigte gesichert wird. Dazu reicht es allerdings nicht, lediglich funktionierende KI-Technologie einzusetzen. Entscheidend ist die Beteiligung der Beschäftigten. Erst deren Mitwirkung und Expertise führte beispielsweise zu einer Verbesserung der Software bei einer Datenbrille für Pflegekräfte in der Kardiologie.
Der Beitrag aus dem Tagungsband der Gesellschaft für Arbeitswissenschaft zur Herbstkonferenz 2023 hebt neben der Beteiligung der Beschäftigten die Bedeutung von Tarifverträgen, IT-Rahmenbetriebsvereinbarungen und Weiterbildung hervor.
»Zwischen Prekarisierung, Dequalifizierung und Stellenabbau – Perspektiven kollektiver Interessenvertretung zur Sicherung Guter Arbeit im digitalen Zeitalter«, verfasst von Carola Köppel, Walter Lochmann und Isabelle Puccini (alle BTQ Kassel), wurde im Tagungsband der Gesellschaft für Arbeitswissenschaft zur Herbstkonferenz 2023 veröffentlicht. Der Beitrag ist hier abrufbar.